Travel 10/2: Auf den Spuren des Zuckerrohrs

2003, Trinidad: Ratlos stand ich vor der Höhlendisko, von der mein Reiseführer so viel Gutes berichtet hatte. Sie war geschlossen und ich hatte Trinidad inzwischen schon in all seinen Ecken und Winkeln erkundet. Es waren kaum Touristen anwesend und das mitten in der Urlaubszeit im August. Zwar hatte ich bereits einigen Salsa Veranstaltungen auf dem Plaza in der Mitte der Stadt beigewohnt, wenig aufregende Veranstaltungen bei denen alte europäische Damen mit jungen durchtrainierten Kubanern die Hüften schwangen, freilich war das nichts für mich und da die Disko geschlossen war, drohte ein langweiliger Aufenthalt bevor zu stehen. Endtäuscht verließ ich den Berg, indem die Disko in einer Höhle eingelassen war. Aufgrund der schwierigen Transportsituation hatte ich bereits den Gedanken aufgegeben, noch einen anderen Ort, etwa Salvador im Süden, zu besuchen, dabei waren es noch drei volle Wochen, ehe die Reise zu Ende ging. Ich lieh mir ein Fahrrad, um das Beste aus der Situation zu machen und fuhr jeden Tag hinunter zu dem Resort am Strand, wo ich mir eine Liege mietete, um das Meer zu genießen und mir ein oder zwei Mojito zu genehmigen. Dösend unter einem Sonnenschirm hörte ich im Halbschlaf ein weiches und nettes „Hello“ und in den beiden folgenden Stunden durfte ich mich angeregt mit einer Holländerin unterhalten, die Ihren Liegestuhl unter meinen Schirm gezogen hatte. Wenn ich nicht alles falsch deutete, war sie sehr aufgeschlossen und die Konversation diente nicht nur zum Zeitvertreib, sondern, wie ich der Stimmlage entnehmen konnte, auch einem Annäherungsversuch. Leider nur, war ich dreißig Jahre alt und sie schien in meinen Augen schon siebzig zu sein, wenigstens ging sie aber auf die sechzig zu. Irgendwie hatte ich es dann doch noch geschafft, ohne Affront aus der Situation heraus zu kommen. Erst ein paar Tage später sah ich wieder, als sie mit einem jungen Kubaner auf einer dieser Salsa Veranstaltungen eng umschlungen ihre Runden drehte.

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Frühstück

Die ökonomischen Prinzipien der Marktwirtschaft waren verständlicherweise in Kuba nicht sehr weit verbreitet, was ich sehr bedauerte. Am Strand des Resorts, in dem einige Europäer und Amerikaner ihren Urlaub verbrachten, wurde Pizza verkauft. In einem beständigen hin und her liefen zwei oder drei Strandverkäufer alle halbe Stunde an mir vorbei, um mir ihre Waren aus einem Tupper heraus anzubieten und ich griff auch jeden Tag zu, wobei ich darauf achtete, dies einmal bei jenem und eine anderes Mal bei einem anderen zu tun. Einer der Verkäufer, ein älterer Herr, war mir sehr sympathisch, was mich dazu verleitete ihn in die Geheimnisse des Marketings einzuweihen, denn ich war es leid immer wieder nur Pizza Margherita aufgetischt zu bekommen. Mein Rat war also, er möge doch die Pizza mit anderen Zutaten, etwa Salami, Schinken oder Spinat bestücken und ich malte ihm in großen Bildern aus, wie sein Umsatz steigen und sich seine Kasse füllen würde. Als ich mit meinen Ausführungen zu Ende war, schaute er mich mit großen Augen an, ich glaube, er hatte nichts von meinen Vorschlägen der horizontalen Diversifikation verstanden. Erst lange Zeit später, nachdem ich mich oft fragte, warum meine Vorschläge nicht auf fruchtbaren Boden gestoßen waren, kam mir der Verdacht, dass es vielleicht mangels verfügbarer Auswahl an „Rohstoffen“ gar nicht möglich war, eine Produktdifferenzierung nach meinen Vorstellungen in der Realität umzusetzen. Ein klein wenig von der Marktwirtschaft schien aber auch der Alte verstanden zu haben. Kaum zwei Tage nach meinem Vorschlag kam er bei mir an meiner Strandliege vorbei und bot mir gedämpften Lobster an, ein Angebot, das ich ihm nicht ausschlagen konnte. Essen musste ich die Mahlzeit versteckt hinter den Büschen weitab des Strandes, verkaufen durfte er das Gericht an mich natürlich nicht, denn ich sollte als Tourist eigentlich in dem Restaurant des Resorts essen, wo der kubanische Staat mit verdienen konnte. Ich kam mir vor wie bei einen Drogendeal und doch war ich mir sicher, eine gute Tat getan zu haben.

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Am Strand

Als ich mich auf einem meiner Bilder am Strand posieren sah, wurde ich ganz unzufrieden mit meiner Figur. Freilich war ich nicht dick, da ich nur etwa 65 Kilogramm wog, doch konnte man in ersten Ansätzen schon bedenkliche Pölsterchen um meinen Bauch herum ausmachen, so sehr ich diesen auch anspannte. Zu Hause war ich beinahe jeden Tag im Fitnessstudio oder beim Joggen, was ich hier inzwischen sehr vernachlässigt hatte und die paar Kilometer mit dem schweren und ungelenken Fahrrad konnten es auch nicht richten. Zwar hatte ich bereits ein Fitnessstudio gesehen, doch der kleine Bau hat nicht sehr einladend auf mich gewirkt und ich konnte mir die Hitze darin gut vorstellen, denn über eine Klimaanlage verfügte das kleine Gebäude nicht. Also probierte ich es am Abend mit einem beschwerlichen Lauf in einem schwülen Klima, welches mir die Beine so sehr erschwerte, dass ich bei jedem Schritt glaubte, fast an der Straße kleben zu bleiben. Ich kam gerade so weit, bis ich von einer Meute an wilden Hunden angefallen und zurück gedrängt worden war. Der Spurt, den ich im Angesicht dieses Ereignisses hinlegte, war fast schon atemberaubend, war mir wohl bewusst, dass ich nicht gegen Tollwut geimpft war. Als die Hunde von mir abgelassen hatten, lief ich bei einigen Bauern vorbei, die mir Kopf schüttelnd hinter her schauten. Sie konnten sich wohl im besten Willen nicht vorstellen, wie man solch eine Strapaze auf sich nehmen konnte, während sie mit ihren Macheten auf äußerst unproduktive Art und Weise das Gras abschlugen, um Futter für ihre Tiere aufzubringen. Als ich zurück in meiner Pension war, durfte ich im Nachbarzimmer zwei Tschechinnen begrüßen, die hier für einige Tage untergebracht waren. Die kommenden drei Tage wurden daraufhin sehr lustig, denn die jungen Damen waren in Feierlaune und verfügten über eine ausgezeichnete Trinkfestigkeit.

Eine Woche später war ich noch immer in Trinidad und mein Geldverbrauch war unverändert hoch. So schaute ich peinlich berührt in das Gesicht des Bankbeamten, als er mir 250 Dollar von meiner Kreditkarte ausbezahlte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, schließlich war ich bereits zum dritten Mal hier, um Geld bei ihm in ähnlicher Höhe abzuheben. Jedes Mal war es ein Vielfaches des Monatslohns von dem Kassenwart. Aber die Kosten waren erheblich und meine Vermieterin gehörte zu dem Gewinnerklientel im Kuba des Jahres 2003. Alleine an mir hatte sie schon eine erhebliche Stange an Geld verdient, konnte sich aber auf den heimischen Märkten zu Spottpreisen eindecken. Das Essen kostete hier fast gar nichts, nahm man einmal die Haribo Gummibären aus, die in einem kleinen Laden in der Mitte des Dorfes für umgerechnet zwei Dollar pro Tüte angeboten wurden. Die Langeweile, die inzwischen über der Kubareise lag, versuchte ich mir inzwischen oftmals in einem Internetcafé zu vertreiben. Kubaner waren in dieser Einrichtung nicht zugelassen, aber ich nehmen an, dass der Besitzer und seine Freunde des Nachts schon mal heimlich surften. Hier fand ich erstaunliches heraus, obwohl der Monatslohn in Kuba 23 Mal geringer war, als in Bulgarien, war die Kaufkraftparität höher, was wohl auf die minimalen Kosten der Lebensführung zurückgeführt werden konnte. Die Miete kostete nur ein paar Cent im Monat, wenn man sie überhaupt in Anspruch nehmen musste, denn die meisten Einwohner verfügten über ein Häuschen oder eine Wohnung und die Lebensmittel waren so spottbillig, dass ich mir noch mal überlegen musste, ob ich weiterhin bereit war, bei meiner Vermieterin vier Dollar für das Frühstück und sechs Dollar für das Abendessen zu bezahlen.

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Auf dem Pferd

Als sich die letzte Woche meines Aufenthalts endlich dem Ende zuneigte, brachte ich mich vor lauter Langeweile bei meinem ersten Ausritt auf einem Pferd beinahe noch in Lebensgefahr. Ein Bruder meiner Vermieterin hatte mich mit aufs Land genommen und kaum war ich fünf Minuten im Sattel, ging es entgegen den Versprechungen, eine Geröllböschung hinunter, bei der ich mich nur mit größter Mühe in auf dem Pferd halten konnte, während die Äste der Sträucher dicke Kratzer in meinem Gesicht hinterließen. Einen Tag später saß ich mit den Wunden im Gesicht, in dem alten Lada meiner Vermieterin, in dem ich von ihr und ihrem Mann zurück nach Havanna gebracht wurde. Die mit Abstand langweiligste Reise, die ich bisher begangen hatte neigte sich dem Ende zu und nachdem ich noch zwei Tage in der Hauptstadt verbracht hatte flog ich nach Europa zurück. Für Carolina hatte ich noch einen Microsoft Office Kurs gebucht, da ich ihr im Sinne der Weiterbildung etwas Gutes tun wollte. Zwar traf ich ihren angeblichen Großvater in dem Haus vor, in dem ich sie zu Beginn der Reise einmal besuchte hatte, von ihr war allerdings weit und breit nichts zu sehen gewesen. Der Alte konnte mir über ihren Verbleib die ganzen beiden Tage über, an denen ich versucht hatte, sie zu finden, nichts Brauchbares mitteilen. Vielleicht war sie gar nicht die junge Studentin gewesen, wie sie es vorgegeben hatte, vielleicht, fragte ich mich im Flugzeug, war sie doch nur der Prostitution nachgegangen.

Reiseberichte:

Travel Report 10/1: Von Havanna nach Trinidad
Travel Report 10/2: Auf den Spuren des Zuckerrohrs

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Travel 10/1: Von Havanna nach Trinidad

2003, Havanna: Soeben schlug ich das 702 Seiten umfassende Werk Kants zur Kritik der reinen Vernunft zu. Ich hatte mich inzwischen bis auf Seite 103 durchgekämpft und war bei dem Kapitel „Von der Deduction der reinen Verstandsbegriffe“ angekommen. Ich gebe zu, ohne Vorkenntnisse über das Gedankengebäude des weltberühmten Philosophen, hätte ich wenig von dem verstanden, was ich da gelesen hatte. Dennoch war ich schon aufgrund der sprachlichen Qualität fasziniert von der Lektüre und war fleißig dabei, die wichtigsten Passagen mit dem Kugelschreiber in verschiedenen Zeichen zu markieren. Einerseits, weil sie dermaßen intelligent geschrieben waren und andererseits, um Passagen in Erinnerung zu behalten, nach deren Sinn ich noch einmal im Internet recherchieren wollte. Ich legte das Buch weg, nahm einen Schluck von meinem Rum und blickte auf die Karibik hinaus. Neben mir saßen zwei weitere Besucher auf der Terrasse der Bar, die direkt am Malecón, der Strandpromenade von Havanna lag. Cuba hatte ich mir als Reisender einfacher vorgestellt. In den vergangenen beiden Tagen war ich stets bemüht auf der Suche nach einem Busbahnhof gewesen, von dem aus ich die anderen Teile des Landes besuchen konnte. Gefunden hatte ich nichts brauchbares, zumindest keinen Busbahnhof, an dem regelmäßig verkehrt wurde und man sich Tickets besorgen konnte, was für mich eine völlig neue Situation darstellte, war ich ja in anderen lateinamerikanischen Ländern stets gewohnt gewesen, über eine Fülle an Reisemöglichkeiten zu verfügen und auch mein Spanisch war nicht so schlecht, als dass ich mich nicht hätte durchfragen könnten. Den ursprünglichen Plan, auf die Isla de la Juventud zu fahren, um dort einige Tage zu verbringen, hatte ich längst aufgegeben. Wenn ich nicht einmal eine Bus fand, wie sollte ich dann eine Reise, die darüber hinaus noch die Überfahrt mit einem Schiff erforderte, organisieren können?

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In Havanna (1)

Carolina musste zwei Meter hinter mir auf dem Bürgersteig laufen, als ich am Abend mit ihr hinunter zu einem Restaurant lief, schließlich war Prostitution in Cuba verboten, was auch gar nicht mein Ansinnen war. Vielmehr wollte ich jemanden aus der Stadt kennen lernen, um mehr über das verschlossene Land zu erfahren und da war mir ihre jugendliche Straßengang gerade recht gekommen, die mich fortwährend vor der Türe abgepasst hatte, kaum als ich das Hotel verließ. Der Deal bestand darin, dass ihre Kumpels sich zwei von meinen T-Shirts aussuchen durften und uns dafür an diesem Abend alleine ließen. Freilich wollten die Jungs irgendetwas von mir, aber anders als in Südamerika, konnte ich mich auf die Gruppe einlassen, denn Cuba war ein sehr sicheres Land, ein Polizeistaat, wo in jeder Ecke ein Polizist kauerte. Allerdings störte mich im Allgemeinen die Aufdringlichkeit der Frauen sehr, wusste man schließlich nicht, ob ein ernsthaftes und verständliches Interesse bestand, über eine Liaison das Land verlassen zu können oder ob es eher darum ging, im Nachgang eines Schäferstündchens den Reisenden um seine Bargeldbestände zu erleichtern. Tags zuvor hatte ich am Plaza de la Catedral einfach nur die Kant‘sche Kritik lesen wollen, als ich im zehn Minuten Takt von wechselnden Damen gestört worden war. Eine besonders aufdringliche junge Frau davon wollte nicht einmal gehen, als ich sie mehrfach dazu aufgefordert hatte. Die Konzentration auf die schwierige Schrift war danach freilich völlig abhanden gegkommen und ich hatte die Lektüre genervt zur Seite legen müssten. Allerdings muss ich eingestehen, wäre eine davon so ansehnlich gewesen wie Carolina, hätte ich mich schon mit ihr unterhalten. Carolina war hingegen nicht aufdringlich. Vielleicht war sie achtzehn Jahre alt, vielleicht auch nur sechzehn. Auf jeden Fall erzählte sie mir viel an diesem Abend von ihrem Leben in Havanna und von all den Schwierigkeiten, welche die Revolution für sie gebracht hatte, denn wie sonst auch überall auf der Welt, wo der Sozialismus herrschte, gab es allgegenwärtige Armut und Unterdrückung. Sie wollte auf jeden Fall noch etwas aus ihrem Leben machen und ich versprach ihr, als ich sie wieder bei ihrem Großvater in einem halb verfallenen Haus unweit von meinem Hotel abgegeben hatte, ihr zu helfen, wenn ich nach der geplanten drei wöchigen Rundreise durch das Land zurück in Havanna sein sollte.

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In Havanna (2)

Am kommenden Tag saß ich in einem Kleinbus, der ausdrücklich nur für Touristen gedacht war und an einem der besten Hotels in Havanna losfuhr. Es schien für Touristen hier die einzige Möglichkeit gewesen zu sein, von einem zum anderen Ort zu kommen, sieht man einmal von den Mietwagen ab. Das Ziel stellte die kleine, aber unter dem Protektorat des UNESCO Weltkulturerbes stehende Stadt Trinidad dar, die gut 300 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt lag. Der Busfahrer war ein blonder Kerl, der perfektes Deutsch sprach, was mich sehr wunderte, doch bald klärte sich die Eigenart. Er gehörte zu den wenigen weißen Bürger des Landes und war in den Genuss gekommen, als ehemaliger Leistungssportler mehrere Jahre in der DDR verbringen zu dürfen. Ich unterhielt mich mit ihm über Land und Leute und man konnte kein schlechtes Wort aus ihm über seinen autoritären Staat entlocken. Man war hier wohl sehr vorsichtig, dachte ich mir, als wir an einem Gefängnis für politisch Verfolgte auf halber Strecke vorbei fuhren. Man musste schon vorsichtig sein, auf Cubas Straßen. Schlecht waren sie nicht, allerdings gab es immer wieder Bahnübergänge, die völlig ungesichert kreuzten und ich wunderte mich, ob die Mietwagenfahrer das wussten. Es dauerte etwa fünf Stunden, da kamen wir in dem idyllischen Städtchen an und zu meiner Schande war ich aufgrund der bisher weit höher als geplanten Ausgaben für die Unterkünfte nicht bereit dazu, ein Trinkgeld zu geben. Dabei wusste ich doch, dass man hier als Arzt kaum zehn Dollar im Monat verdienen konnte und es war mir ferner bekannt, wie die staatlich verabreichten Nahrungsmittelkontingente die Menschen kaum einen halben Monat ernährten.

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In Havanna (3)

In Trinidad dauerte es nicht lange, bis ich eine Unterkunft gefunden hatte. Ich wurde sehr herzlich von einem jungen Ehepaar aufgenommen, das über drei Zimmer verfügte, obwohl sie nur zwei hätten anbieten dürfen. So kam es, dass ich in einem versteckten hinteren Zimmer unterkam, welches jedoch über eine sehr schöne Aussicht auf die abfallende Landschaft bis hinunter zu dem Meer verfügte. Hier erfuhr ich auch, weswegen in Cuba die Unterkünfte im Verhältnis zu anderen Ländern in Lateinamerika so teuer waren, denn wie mir die Besitzerin erklärte, müsste sie als private Vermieterin für jedes Zimmer pauschal fünfzehn Dollar täglich an den Staat abführen. Dies galt unabhängig davon, ob es vermietet war, oder nicht und wie bereits erwähnt, waren nur zwei Zimmer erlaubt. In diesem Moment wurde mir auch bewusst, dass ich indirekt das schändliche Regime in diesem Land unterstützte. Auch wenn mir eine links verdrehte Person vor meiner Abfahrt daheim in Deutschland noch hatte weiß machen wollen, wie progressiv der kubanische Staat mit seiner sozialistischen Planwirtschaft war, ich verachtete dieses System auf das Äußerste und wurde immerdar bestätigt, wenn ich von jungen Leuten auf der Straße um eine Einladung nach Europa gebeten wurde. Dennoch stellte sich auch für mich die Frage, inwiefern es besser war, in einem Land ohne Freiheit zu leben und dafür in den Genuss absoluter Sicherheit zu kommen oder in einem freien, aber kriminellen Land wie man sie vielfach in Südamerika vorfinden konnte, sein Dasein zu fristen. Ich war rundum versorgt in meiner Unterkunft, die Besitzerin sprach gutes Englisch und kochte vorzüglich für mich. Es gab Fisch, Steaks und Hummer und auch die Frühstücke waren reichlich, doch freilich war auch das verboten, denn Touristen durften nur in offiziell lizenzierten Restaurants essen, damit auch hier der Staat zugreifen konnte. Ich wusste das und war froh, davon absehen und die Menschen hier unterstützen zu können.

Reiseberichte:

Travel Report 10/1: Von Havanna nach Trinidad
Travel Report 10/2: Auf den Spuren des Zuckerrohrs

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