Travel Report 9/3: Bus Chaos in Laos

1999 Luang Prabang/Vientiane: Die Busfahrt von Luang Prabang nach Vientiane begann bereits früh am Morgen. Bis auf die fehlende Windschutzscheibe schien soweit alles in Ordnung zu sein, zumindest sah der Bus ansonsten technisch funktionsfähig aus und auch die Passagiere waren gut gelaunt. Alle hatten sich mit diversen Snacks und Getränken von den Straßenhändlern eingedeckt und aßen munter, als der Bus sich langsam in Bewegung setzte, losrollte und anschließend die Straße entlang kroch. Es dauerte gut zwei Stunden, in denen wir durch dichtes Gebüsch gefahren waren, ehe sich das erste Problem bemerkbar machte. Aus zunächst unbekannten Gründen hielten wir an, worauf der Busfahrer und mehrere Männer ausstiegen und wild gestikulierend um das Fahrzeug herum standen. Was das Problem war, erfuhren wir zu unserem Schrecken, als der Beifahrer die im Bus vor dem Lenkrad befindliche Abdeckung des Kühlers abschraubte und ein Strahl aus kochendem, mit heißem Dampf gemischtem Wasser an die Decke schoss und der ganze Bus im Nu vernebelt war, als wäre eine Bombe explodiert. Sofort folgte eine allgemeine Panik unter den Passagieren, alles drängte und quetschte sich unter fürchterlichem Geschrei nach hinten und als sich der Dampf verzogen hatte, schaute man sich gegenseitig verdutzt an. Einige Mütter hielten ihre Kinder mit besorgter Miene auf dem Arm, hatten sie diese gerade noch von der Trampelei bewahren und aus dem Gang auf ihren Schoß ziehen können.

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Der Bus (1)

Mir schwante nichts Gutes, als ich die Bemühungen des Busfahrer und der anderen Männer zur Behebung des technischen Defekts beobachtete. Mit zwei kleinen Hölzchen und zwei Ästen, die zwischen den Kühler und die Karosserie gespannt wurden, versuchte man das das Loch im Kühler abzudichten. Die provisorische Konstruktion hielt kaum fünf Kilometern weit, dann standen wir wieder da und es herrschte Ratlosigkeit, als wir auf das zischende und dampfende Loch im Kühler schauten, aus dem das Wasser heraus kochte. Da man auch nach einer weiteren halben Stunde aufgeregter Gespräche noch keine bessere Idee hatte, wie man den Kühler am besten hätte abdichten könnte, wurde das identische Verfahren erneut angewandt, dieses Mal allerding mit größeren Stöcken und Ästen und mit großem Erfolg, den zu meiner Verwunderung hielt das technische Meisterwerk der Improvisationskunst nun tatsächlich für den Rest der übrigen zweihundert Kilometer, die noch bis zur Hauptstadt zurückzulegen waren.

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Die Reparatur

Ich hoffte nun, die negativen Ereignisse auf der Fahrt wären vorbei, irrte mich aber gewaltig. Das Terrain war inzwischen zunehmend von Hügeln durchzogen und es ging auf und ab. Als wir eine Steigung hinauf um eine Kurve fuhren, befand sich plötzlich ein umgekippter LKW auf der Straße. Alle Passagiere mussten erneut aussteigen und wieder herrschte die inzwischen wohlbekannte Ratlosigkeit bei Busfahrer, Beifahrer und den männlichen Passagieren, die zwar so aussahen, als wollten sie stetig etwas anpacken, doch dem Anschein nach nicht so recht wussten, was es war. Nach etlichen Rangiermanövern gelang es schließlich, den Bus an dem LKW vorbei zu bringen und wir Passagiere durften wieder einsteigen, bemerkten dabei aber sehr wohl, dass der Straßenverlauf noch immer eine Steigung zu verzeichnen hatte. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Kühler und den aktuellen Eindrücken rund um den umgekippten LKW schien es niemand sehr wohl dabei gewesen zu sein. So kam es auch, dass die von Angst geschwängerte Luft im Bus sich erneut zu einer Panik zuspitzte, als dieser mit den Passagieren an Bord nicht in der Lage war, an der Steigung anzufahren, vielmehr bei jedem Bremsversuch zwei oder drei Hüpfer nach hinten in Richtung der abschüssigen Böschung zurücksetzte. Die vorderen Passagiere hatten inzwischen gelernt, dass es weniger optimal war, nach hinten in den Bus zu springen, wo keine Tür nach außen führten und stürmten jetzt vielfach durch die nicht vorhanden Windschutzscheibe auf die Straße, während ich und einige andere aus der Beifahrertüre heraus springen konnten. Aufgrund des verringerten Gewichts kam das Fahrzeug schließlich zum Stillstand und viele ängstliche Frauengesichter mit ihren Kindern im Arm schauten vom Bus aus zu uns hinaus. Nach diesem Ereignis wanderten die Passagiere geschlossen den Berg hinauf und waren im weiteren Verlauf der Fahrt froh, dass es einer der letzte Hügel vor Vientiane gewesen war.

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Auf der Überfahrt

Langsam fuhren wir mit dem Bus weiter, meinen Berechnungen nach, konnten es keine fünfzig Kilometer mehr bis zur Hauptstadt sein. Mich störte inzwischen die Tatsache, dass wir aufgrund der Verzögerungen viel Zeit verloren hatten und die Dunkelheit bereits eingekehrt war. Eigentlich wollte ich unbedingt immer bei Tageslicht am Zielort ankommen, sofern ich außerhalb Europas auf Reisen war. Allerdings schien mir eine nächtliche Ankunft in Laos nicht ganz so schlimm zu sein, als etwa in Südamerika, wo ich das Reisen gelernt hatte und wo die Städte, insbesondere dort die Passagiere in den Busterminals mit einem hohen Überfallrisiko konfrontiert waren. Fünfzig Kilometer sind ja nicht mehr so weit, noch eine Stunde, dachte ich, als plötzliche heftige Zuckungen das Mark des Busses erschütterten und dieser einmal mehr zum Stillstand kam. Das Benzin war aus und in Laos gab es zu dieser Zeit noch keine Tankstellen. Als der Beifahrer einen Kanister aus dem Stauraum hervor zog, war ich erst der Meinung, es ginge schnell weiter, doch wie sich gleich herausstellte, war dieser leer. Es musste also auf der Straße jemanden herunter gewunken werden und das dauerte. Mit vielen Stunden Verspätung erreichten wir endlich die Hauptstadt von Laos und ich bereitete gleich am kommenden Tag meine Weiterreise zurück nach Thailand vor (Travel Report 9/1), um dort als letztes Ziel die südlichen Inseln zu besuchen.

Reiseberichte:

Travel Report 9/1: In Siam
Travel Report 9/2: Zwischen Ratten und Amphibien
Travel Report 9/3: Bus Chaos in Laos

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