Travel Report 3/3: Am Titicacasee

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Am Maccu Piccu

1995, Pune (Peru): War dies die Vorbereitung auf die Luna Bar, dachte ich, als in zeitverzerrten aber klangklaren Tönen der „Shaman Blues“ aus den Miniboxen meines Kassettenrecorders drang? Ich war von Lima nach Cuzco geflogen, da zu meinem Leidwesen die spektakuläre Bahnfahrt aufgrund von Aktivitäten einiger Guerilla-Banden im Gebiet um El Tambo sicherheitsbedingt nicht möglich war. Cuzco und der Macchu Pichu mit seiner historischen Bedeutung sind außerordentlich schöne Sehenswürdigkeiten gewesen, noch besser aber gefiel mir die Bahnfahrt zwischen den beiden Orten, die mich etwas für die entfallene Fahrt ab Lima entschädigen konnte. Die Züge fuhren hier im Zickzack die senkrechten Felswände hoch, indem sie wie ein Uhrenpendel hin und her schwingend quer zum Berg sich immer ein kleines Stück weiter nach oben arbeiteten. In Cuzco hatten nach drei Wochen endlich meine Magenprobleme ein Ende gefunden, die von Durchfall und Schmerzen geprägt waren. Ich wusste nicht, ob ich die neue Gesundheit meiner Brotkur oder den beiden Cocktails, die ich in einer Bar zu mir nahm, zu verdanken hatte. Wie es möglich ist, fünf Getränkeschichten einzuschenken, ohne dass diese ineinander fließen, ist mir bis heute ein Rätsel geblieben. Der Barmann in Cuszco beherrschte sein Handwerk perfekt und hatte mir mit seinem Mix einen ordentlichen Schwips verpasst, worauf die Magenprobleme verschwanden.

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Die Überfahrt

Die Zugfahrt von Cuzco hierher nach Pune hatte auf eine Höhe von knapp 4.500 Metern geführt, eine idyllische Strecke mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund und vereinzelten Lamaherden davor, die als schmückendes Beiwerk des Panoramas dienten. Pune selbst lag immer noch auf einer Höhe von 4.200 Metern, dementsprechend kalt war es am Mittag gewesen, als wir im strömenden Regen in einer Bar unter einer Plastikplane Platz genommen und den Karnevalsumzug beobachtet hatten. Dem heiteren Treiben der Maskierten konnte das Wetter nichts anhaben, in aller Fröhlichkeit waren sie tanzend durch die Straßen gezogen. An die Temperaturen nicht gewohnt und auch nicht mit adäquater Kleidung versehen, war ich nun froh, in meinem Bett zu liegen und der Musik zuzuhören. Jeder Ton drang einzeln und auf eine mir bis dahin noch nie bewusst gewordenen Art und Weise vollkommener Klarheit in den Raum, bis diese Harmonie plötzlich von einer energischen Intervention unterbrochen wurde. Ein Österreicher, den ich tagsüber kennen gelernt hatte und der nun in einem anderen Bett im selben Raum lag, forderte mich roh auf, die Musik abzustellen. Zunächst hatte er einen sehr lässigen Eindruck auf mich gemacht, worauf ich ihm zusagt hatte, dass er bei mir aufgrund seiner Geldknappheit übernachten könnte. Im Zeitverlauf wurde er jedoch immer nerviger und hatte mich früh schon auf meinem Barhocker alleine sitzen lassen. Ich überlegte, ob ich noch einmal zurück an die Bar gehen sollte, jetzt da die Musik in meinem Zimmer aus war, verwarf aber dann den Gedanken aufgrund der wenig einladenden Gesichter, die mir dort zuvor begegnet waren.

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Am Titicaca See

Der kommende Morgen wurde von strahlendem Sonnenschein erleuchtet, knisternd war die Aufbruchstimmung zu spüren, die der junge Tag in seiner noch kühlen Atmosphäre versprühte. Heute sollte die Fahrt nach Bolivien stattfinden und zu meiner besonderen Freude lag der Titicacasee auf dem Weg. Zunächst begann die Busfahrt recht unspektakulär, was sich bald änderte, als der See vor uns wie ein riesiger blauer Saphir in der Sonne blitzte. Kurze Zeit später versperrte uns eine breite Wasserscheide die Weiterfahrt. Von einer Brücke war nichts zu sehen, und ich traute meinen Augen kaum, man verfrachtete unseren Bus kurzerhand auf einen hölzernen Kahn. Wir Passagiere stiegen aus und wurden auf einem zweiten Boot über das Wasser gebracht. Ich war recht angespannt, nicht dass ich mir um mich Sorgen machte, sondern vielmehr um das Fahrzeug. Ein einziger Windstoß, so zumindest musste man befürchten, als man die schaukelnde Angelegenheit von der Distanz beobachtete, würde ausreichen, um das Floß zum kentern zu bringen und den Bus zusammen mit meinem Rucksack zu versenken. Doch alle Sorgen waren umsonst, die Schiffer waren sehr erprobt bei dieser für mich so ungewohnten Aktion, Bus und Passagiere erreichten schließlich wohlbehalten das andere Ufer.

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Grenze Boliviens

Als sich die Passagiere von dieser wackeligen Überfahrt erholt hatten und noch einige Zeit weiterfuhren, öffneten sich erneut die Weiten des am höchsten gelegenen Sees der Welt. Ein phänomenaler Blick tat sich auf das von braunen Bergen gesäumte dunkelblau glitzernde Wasser auf. Es tat mir etwas leid, hier keinen Zwischenstopp eingeplant zu haben, aber der logistische Aufwand wäre zu groß gewesen. Es dauerte nicht mehr lange, da erreichten wir die Grenze zwischen Bolivien und Peru, die nur aus einem Steinbogen bestand. Hier war auch Schluss für einen Passagier, der keinen Reisepass mit sich führte und mit Handschellen abgeführt wurde. Die Grenzformalitäten für die anderen Passagiere gingen schnell von der Hand und es dauerte nicht lange, ehe sich La Paz unter uns ausdehnte. Als ich am folgenden Tage durch die Straßen der Stadt schlenderte, musste ich feststellen, dass die Frauen hier ziemlich dick und rund in ihren bunten Gewändern da saßen. Nichts schien sie mit den schlanken und schönen Chileninnen, die ich noch am Maccu Piccu gesehen hatte, zu verbinden. Auch schien es sich um einen anderen Typus von Menschen zu handeln, als es noch im Norden in Kolumbien der Fall gewesen war, weniger spanisch dafür mehr indianisch.

Reiseberichte:

Travel Report 3/1: In den Krieg
Travel Report 3/2: Kontrolle in Trujillo
Travel Report 3/3: Am Titicaca See
Travel Report 4/1: Durch die Klimazonen
Travel Report 4/2: Am Ende der Welt
Travel Report 4/3: Zu den Christen
Travel Report 5/1: Mode und Prostitution
Travel Report 5/2: Betrunken im Bus nach Belem
Travel Report 5/3: Am Amazonas
Travel Report 6/1: Durch den Urwald
Travel Report 6/2: In Gewahrsam

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